Die Abteilung Biomechanik/Bewegungswissenschaft und Sportinformatik ist Projektpartner im Drittmittelprojekt IntelliGait, das im Rahmen des Life Science Call 2015 der NÖ Forschungs- und Bildungsges.m.b.H. von der FH ST. Pölten (Dr. Brian Horsak) erfolgreich eingeworben wurde.
In Kliniken und Reha-Zentren ist die instrumentierte Ganganalyse ein wichtiges Werkzeug zur Erkennung und zum Verständnis von (pathologischen) Gangmustern. Für solche zumeist dreidimensionalen Analyseformen werden sowohl Motion Capture Verfahren als auch Kraftmessplatten, mit denen Bodenreaktionskräfte (GRF) gemessen werden, eingesetzt. Die GRF sind die weit verbreitet verwendete biomechanische Signale bei der Ganganalyse, da sie leicht zu erheben sind und das benötigte Equipment nicht zu teuer ist. Allerdings stehen bei dieser Methode Physiotherapeuten und Ärzte einer großen Datenmenge gegenüber, die sie auswerten müssen. Da es keine automatischen Analysemethoden für Bodenreaktionskräfte gibt, müssen die Daten in einem aufwändigen Prozess manuell ausgewertet werden, was zwangsweise zu subjektiv beeinflussten Ergebnissen führt.
Automatische Analysemethoden dagegen haben prinzipiell das Potential, objektive Ergebnisse zu liefern. In jüngerer Vergangenheit wurden einige Methoden entwickelt, die eine automatisierte Klassifizierung von Gangmustern ermöglichen. Allerdings richten diese Methoden ihren Fokus in der Regel auf ein spezielles funktionales Defizit und basieren oft auf kleinen (künstlich erzeugten) Datensätzen, die der Komplexität der in der klinischen Praxis erhobenen Daten nicht entsprechen. Ein nach wie vor ungelöstes Problem stellt die automatische Generierung eines allgemein anwendbaren Models dar, das verschiedene Parameter (z.B. Gehgeschwindigkeit, Geschlecht, Größe, etc.) berücksichtigt und dabei hilft, normales Gangverhalten von abnormalem zu unterscheiden.
Einer der beteiligten Projektpartner stellt eine große Datenbank mit Bodenreaktionskräften aus Ganganalysen zur Verfügung. Darin enthalten sind Daten von Patienten, die an verschiedenen Dysfunktionalitäten leiden, unterschiedlich alt und schwer sind und die jeweiligen klinischen Befunde. Basierend auf diesen Daten sollen in diesem Projekt neue Methoden entwickelt werden, die in der täglichen Arbeit in Kliniken und Rehazentren eingesetzt werden können, um die jeweiligen Experten beim Identifizieren von Pathologien und abnormalem Verhalten, beim Erstellen medizinischer Diagnosen und bei der Bewertung von Reha- bzw. Trainingsfortschritten zu unterstützen.